Am Wochenende hatte die AfD ihren Bundesparteitag. Worum es eigentlich gehen sollte – dass die Partei in Rentenfragen sich überhaupt mal auf eine Richtung einigt – ging komplett unter. Dominiert werden die Meldungen von der Auseinandersetzung der Anhänger von Björn „Bernd“ Höcke, die sich nach der offiziellen Auflösung des Flügels nach wie vor eng organisieren auf der einen Seite und dem Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen auf der anderen Seite. Aus dem Umstand, dass ein Antrag, der sich gegen Meuthen richten sollte, keine Mehrheit gefunden hat, wird geschlossen, dass sich die moderaten Kräfte in der AfD durchgesetzt haben.
Moderat?
Da sind aber einige einer Legendenbildung aufgesessen. Zu den aktivsten Unterstützern im Bundesvorstand gehört der Hamburger Fraktionsvorsitzende Alexander Wolf. Bekannt wurde er durch die Verbreitung eines Liederbuchs mit Nazi-Liedern. Ganz aktuell hat er in der Hamburger Bürgerschaft die Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis von 1933 verglichen. Das ist eine gezielte Verharmlosung der NS-Zeit und ein Schleifen an der Brandmauer, die in der Nachkriegsordnung errichtet wurde. Wolf hat sich also selbst genau der Rhetorik bedient, die Meuthen auf großer Bühne des Parteitags kritisiert hat. Es ist allzu durchsichtig: Meuthen will lediglich genau die Buzz-Words vermeiden, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz der gesamten Partei nur allzu einfach machen würden.
Insgesamt darf auch nicht übersehen werden: Die AfD hat insgesamt eine Scharnierfunktion für die gesamte rechte Szene. Dort haben Platz harte Nazis, Identitäre (im Wesentlichen Nazis mit Turnschuhen), gewaltbereite Rechtsextreme und bürgerlich auftretende Mitglieder, deren Rhetorik immer wieder von Fremdenfeindlichkeit durchzogen wird. Berührungsängste hat da keine Gruppe voreinander. Im Ergebnis bringt die AfD rechte Gruppen zusammen, die in der Vergangenheit oft mehr mit ihrer wechselseitigen Ablehnung beschäftigt waren.
Es ist deswegen vollkommen richtig, dass der Verfassungsschutz genau hinguckt. Genau dafür stehen die analytischen Methoden dieses Geheimdienstes zur Verfügung: Aufzudecken, dass das Innenleben einer Partei anders aussieht als ihre Fassade. Heribert Prantl analysiert es in der SZ vom Wochenende (https://www.sueddeutsche.de/meinung/afd-parteiverbot-bundesverfassungsgericht-kommentar-1.5129831?reduced=true) ganz zutreffend: Die AfD rückt immer mehr dahin, wo einst die NPD ihren Platz hatte. Deswegen kann auch ein Verbotsverfahren nicht ausgeschlossen werden. Von lauten Ablenkungsmanövern darf die wehrhafte Demokratie nicht in die Irre führen lassen.