Tschüss Aktenberge! Die Justiz wird digital

Digitaler Gerichtssaal

Die Justiz mal eben so von der jahrhundertealten Tradition von Akten auf Papier auf digitales Arbeiten umzustellen, ist alles andere als ein dünnes Brett. Die Vorgänge in juristischen Verfahren sind überaus komplex und im Zusammenspiel mit Richter*innen, Anwält*innnen, Rechtspfleger*innen und dem Servicebereich am Gericht hat sich in allen Verfahrensarten ein sehr differenzierter Ablauf im Laufe langer Jahre etabliert. Es gibt für die Justiz auch keine Software von der Stange. Wir müssen sicherstellen, dass es nach der Umstellung der Verfahren nicht zum Stillstand der Rechtspflege kommt, das alles bei selbstverständlicher Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit.

Bereits bei meiner Antrittsrede für diese Wahlperiode im Jahre 2015 habe ich die Digitalisierung der Justiz und die Digitalisierung des Rechts in den Mittelpunkt meiner Aufgaben gestellt. Das Recht muss den veränderten Bedingungen in einer zunehmend digitalisierten Welt gerecht werden. Datenschutzgrundverordnung, Netzwerkdurchsetzungsgesetz und unser Hamburger Transparenzgesetz sind dafür drei Beispiele.

Ein Stück Waffengleichheit

Die Digitalisierung der gerichtlichen Verfahren selbst ist für die Justiz nicht weniger als ein grundlegender Kulturwandel. Ein Kulturwandel, der Kraftakt und Rettung zugleich ist: Die Verfahren werden in vielen Bereichen immer komplexer. Die Gerichte sind zur Arbeitserleichterung dringend auf digitale Arbeitsmöglichkeiten angewiesen. Beispiel: Häufig werden in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle von Kanzleien lange Schriftsätze mit ähnlichem Inhalt eingereicht. Die Richterin muss sich aber vergewissern, ob der Schriftsatz wirklich gleich oder nur ähnlich ist. Bei digitaler Arbeitsweise ist das deutlich leichter. So wird auch ein Stück Waffengleichheit im Verfahren hergestellt.

Bisher wird das Arbeiten von Aktenstapeln und Papierbergen dominiert. Der Gerichtssaal der Zukunft wird an vielfältig einsetzbaren Computern zu erkennen sein. Bereits jetzt haben wir einige Gerichtssäle mit entsprechender Technik ausgestattet. Im Vordergrund werden aber Geräte stehen, die ganz vielfältig einsetzbar sind: Notebooks, die zugleich als Tablets eingesetzt werden können und sowohl im Gerichtssaal als auch im Büro und im Home-Office eingesetzt werden können. Dadurch leisten wir auch einen entscheidenden Beitrag, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Bei der Software wird die elektronische Akte im Mittelpunkt stehen. Nach ihrer Einführung werden sämtliche Eingänge, die noch auf Papier eingehen, eingescannt und in die elektronische Akte übernommen. Sie hat den Vorteil, dass auf sie von überall zugegriffen werden kann und mehrere Personen sie gleichzeitig bearbeiten können. Das spart vor allem bei der Akteneinsicht enorm Zeit.

Schon konkrete Erfolge

Im Laufe der vergangenen fünf Jahre stand die Vorbereitung dieser großen Umwälzung im Vordergrund. Wir konnten aber auch bereits einige konkrete Erfolge erzielen: Seit Januar 2016 ist das elektronische Schutzschriftenregister realisiert worden. Seit Januar 2018 können Anwält*innen, Notariate und Behörden ihre Schriftsätze über einen sicheren Übermittlungsweg elektronisch einreichen.

Es geht jetzt Schlag auf Schlag weiter.

Die Staatsanwaltschaft wird nun die Software für die elektronische Akte für die Führung ihrer Hilfsakte in sehr umfangreichen Verfahren nutzen. Verfahren, für die bislang zum Teil ganze Lkw-Ladungen bewegt werden mussten. Ab dem Sommer 2020 wird die elektronische Akte dann in einigen Kammern des Landgerichts im Zivilverfahren pilotiert, gleiches geschieht in der zweiten Jahreshälfte bei Arbeitsgericht und Verwaltungsgericht. Zum Jahresende wird dann erstmals die elektronische Akteneinsicht in den bereits elektronisch geführten Verfahren möglich sein. Verläuft die Pilotierung erfolgreich, werden bereits im Jahr 2022 die Mehrzahl der Verfahren elektronisch geführt werden.

Alles zusammen wird dieser Prozess dazu führen, dass die Justiz in wenigen Jahren ganz anders arbeiten und aussehen wird. Gut, dass wir bald sagen können: Tschüss Aktenberge!

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