Querdenken (40) – eine Gefahr für die Demokratie?

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von Till Steffen

Aus Eimsbüttel, für Eimsbüttel in den Bundestag

An diesem Wochenende fand eine Demo von Querdenken in Hamburg statt. Das ist die Organisation, die am 1.8.2020 in Berlin aufgerufen hatte und sehr viele Menschen aus der ganzen Republik auf engem Raum zusammenkamen, ohne auf Mindestabstände und Mund-Nasen-Bedeckung zu achten. Wie viele es wirklich waren, war dann noch Stoff für Diskussionen (Polizei 20.000, Veranstalter 1,3 Mio.), die aber nicht sonderlich ernst genommen wurden.

Ernster war die Debatte um die Frage, ob eine solche Veranstaltung nicht ein Massenspreader-Event darstellt, dass die geleugnete Pandemie erst so richtig in Schwung bringt. Dass die Gefahr besteht, sollte eigentlich unmittelbar einleuchtend sein – im Ignorieren von Verhaltensregeln, an die wir uns alle zwischenzeitlich gewöhnt haben, liegt aber nun mal der Kern dieser Bewegung.

Es stellt sich die Frage, was diese Menschen im Kern antreibt und was wir alle sinnvollerweise tun können.

Bei allen Analysen zeigt sich, dass die Hintergründe für das Engagement in diesen Bewegungen sehr unterschiedlich sind. Gemeinsam ist wohl noch, dass die staatlichen Vorgaben zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie abgelehnt werden. Einige wägen schlicht und einfach die Risiken dieser Pandemie anders ab (die Konfrontation mit Krankheiten sei normaler Teil unseres Lebens), andere sehen in den staatlichen Maßnahmen einen Teil eines groß angelegten Plans, der in Wahrheit ganz andere Ziele verfolgt. Das reicht von der These von Impfgegner*innen, die meinen, dass uns ein von Bill Gates entworfener Mikrochip installiert werden soll bis zur QAnon-Bewegung, die meint, dass ein Netzwerk von Staatsbediensteten (deep state) daran arbeite, Kinder zu entführen, um ihnen in unterirdischen Verliesen Blut abzuzapfen, aus dem ein besonderes Elixier gewonnen werden solle. Im Hinblick auf die Hamburger Demo wies der Verfassungsschutz in der Sitzung des Innenausschusses am 13.8. darauf hin, dass auch Mitglieder der QAnon-Bewegung an der Demo teilnehmen wollten. Auch Rechtsextreme laufen bei der Demo mit.

In der Bandbreite liegt auch das spezifisch gefährliche dieser Bewegung: Menschen, die im Hinblick auf Eindämmungsmaßnahmen schlicht zu einer anderen Abwägung kommen als Bundes- und Landesregierungen und die große Mehrheit in der Bevölkerung sind vielleicht eine Gefahr für den Infektionsschutz aber als solche nicht für unsere Demokratie. Die Grenzen werden jedoch so effektvoll eingerissen, dass Extremist*innen in den entsprechenden Foren eine hohe Reichweite bekommen. Auch in dem Hamburger Forum von querdenken40 wurde sich positiv auf Bombendrohungen gegen Gesundheitsämter bezogen. Es ist mit diesen Aufrufen wie immer: Es geht erst mal nicht um die konkret benannte Tat. Es geht darum, durch das Thematisieren von Gewalt die Hemmschwelle für Gewalt an anderer Stelle zu senken.

So war es konkret auch bei der Demo an diesem Wochenende in Hamburg: Mehrere Journalist*innen wurden gewaltsam angegriffen.

Die Frage ist jedoch: Was kann man tun, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Die jetzige Situation hat das spezifische Problem, dass zufällige Kontakte drastisch eingeschränkt werden. Viele Menschen sind langfristig im Home-Office, viele Begegnungen in der Freizeit sind auch deutlich eingeschränkt. Das Gegengewicht für Menschen, die sich hauptsächlich über social media informieren fällt dadurch weg. Es fällt also gar nicht mehr auf, dass man sich in einer geschlossenen Blase bewegt.

Deswegen ist es so wichtig, umso aktiver ins Gespräch zu gehen. Nicht mit den Radikalen, das wäre Zeitverschwendung. Aber mit den vielen Leuten, die Fragen und Zweifel haben. Die sich unter Druck fühlen, weil ihre Arbeit wegfällt oder gefährdet ist. Denen Corona schlicht und einfach Angst macht und die deswegen für einfache Antworten empfänglich sind.

Wenn jede*r einen Menschen anruft, von dem oder der man ein halbes Jahr nichts mehr gehört hat, lässt sich viel erreichen! Also greift zum Telefon (habt Ihr ja eh ständig in der Hand).

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