Irgendwie aus Langeweile wird ja jetzt angefangen, Olaf Scholz hochzuschreiben. Dass Kandidat und Parteiprogramm nur geringe Schnittmengen haben – wie zuvor zutreffend festgestellt wurde – interessiert nicht mehr so.

 

Anlass, sich Olaf Scholz‘ Bilanz im wichtigsten Thema dieses Wahlkampfs anzuschauen: Dem Klimaschutz. Und zwar ganz konkret anhand seiner eigenen Taten in Regierungsverantwortung in Hamburg. Ich kann das beurteilen, denn ich war dabei.

 

Kurz gesagt: So lange Olaf Scholz Bürgermeister war, war es extrem schwer, Maßnahmen des Klimaschutzes durchzusetzen. Irgendwas war immer wichtiger. Das hat sich erst geändert, nachdem er nach Berlin gewechselt war und Peter Tschentscher die Amtsgeschäfte übernommen und noch mal stärker, nachdem wir Grüne nach der letzten Bürgerschaftswahl deutlich gestärkt wurden. Tschentscher hatte – teils aus persönlicher Überzeugung, teils aus Sorge davor, dass die Grünen die SPD überholen könnten – das Klimathema sich selbst zu eigen gemacht. So wurde erst möglich, dass ein Klimaplan aufgelegt wurde, der seinen Namen verdient. Bis dahin war Klima reine Ressortzuständigkeit des Umweltressorts. Dort wurde einiges bewegt. An die großen Sektoren kommt man aber nur mit ressortübergreifendem Handeln ran. Es gibt immer noch erhebliche Differenzen zwischen der SPD und uns in konkreten Fragen – die SPD findet zum Beispiel dass Deutschland immer noch mehr Autobahnen braucht.

 

Dennoch gibt es jetzt einen Rahmen, der überhaupt erst ermöglicht, die Klimabelange mit ausreichendem Gewicht gegen andere Fragen zu verhandeln. Und das zeigt sich auch in konkreten Maßnahmen:

 

Der Energieverbrauch von Wohnungen ist einer der größten Sektoren beim CO2-Ausstoß. Initiativen von Grünen, höhere Energiestandards durchzusetzen, wurden von Scholz konsequent bekämpft. Dem Ziel, dem Wohnungsbau möglichst wenig Hürden entgegenzusetzen, wurde alles untergeordnet. Horrend steigende Mieten bekämpft man aber nicht mit Wohnungen, die teuer zu beheizen sind. Erst mit dem aktuellen Klimaschutzgesetz wurden ehrgeizigere Vorgaben wie etwa die Solarpflicht für Neubauten verankert.

 

Die Stadt Hamburg sollte auch bei eigenen Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen. Unter Scholz gab es für Investitionen aber immer nur Geld für den Mindeststandard. Das hat sich erst mit der Neuauflage des Klimaplans 2019 geändert.

 

Und anschaulichstes Beispiel: Der Verkehr. Bei Begründung der rot-grünen Koalition 2015 konnten wir zwar durchsetzen, dass endlich mehr für den Radverkehr getan wird. Das Engagement endete aber dort, wo der Autoverkehr hätte Platz abgeben müssen. Neue Radspuren sahen deswegen so aus:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Man sieht, dass kein Auto auf der Linksabbiegerspur stehen kann, ohne den Radverkehr zu behindern.

 

Nach Übernahme der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende durch uns Grüne sehen neue Radspuren jetzt so aus:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das macht Prioritäten sehr schön anschaulich. Und das macht auch deutlich, welchen Unterschied es machen wird, ob bei einer möglichen Zusammenarbeit von Grünen und SPD und einer weiteren Partei Annalena Baerbock oder Olaf Scholz die Richtlinienkompetenz hat.

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