Leseempfehlung zum Lies-ein-Buch-Tag: Helene Bubrowski „Die Fehlbaren“

Eine Gebrauchsanleitung – und eine Warnung

Wer handelt, macht Fehler. Politikerinnen und Politiker, die in der Öffentlichkeit handeln, machen Fehler, denen alle zusehen können.

Helene Bubrowski hat sich in einem Buch der Frage gewidmet, wie der Umgang mit Fehlern in der Politik eigentlich gelingen kann. Gibt es so etwas wie eine Fehlerkultur in der Politik? Wie könnte sie aussehen?

Bubrowski, mehrjährige Korrespondentin der F.A.Z. in Berlin, ist eine sehr gute Kennerin des Berliner Politikbetriebs. Sie hat ihre Zugänge zu Politik genutzt, um für ihre Fragen sehr sorgfältig hinter die Kulissen zu schauen. Sie stellt dafür mehrere Beispiele vor, sorgfältiger recherchiert als dies für tagesaktuelle Berichte möglich ist. Zu den Geschichten rund um Andreas Scheuer, Anne Spiegel und Philipp Amthor liefert sie so auch interessante Einblicke, die zum Zeitpunkt des jeweiligen „Skandals“ noch nicht möglich waren. Sehr anschaulich wird dabei auch, unter welchem Druck Politiker*innen stehen, die ganz an der Spitze stehen. Für alle, die diesen Weg gehen wollen, kann dieses Buch deswegen auch als eine kleine Gebrauchsanleitung dienen, wie man mit den Härten dieses Berufs umgehen kann. Und es ist zugleich eine Warnung: Wer nicht ausreichend für Aufgaben an der Spitze vorbereitet ist, kann sehr schnell ganz grundlegend unter die Räder geraten.

Und wie ist es nun mit der Fehlerkultur? Ja, es gibt einige Ansätze, die Beispiel geben können. Sowieso notwendig: Radikale Transparenz, wenn es Probleme gibt. Bubrowski zeigt anhand verschiedener Beispiele auch die Unterschiede zwischen echter Reue und nur geheuchelter Entschuldigung. Marker für Letzeres ist die Wendung „Ich bedaure, wenn ich die Gefühle anderer Menschen verletzt haben sollte.“ So wie aktuell im Fall Aiwanger, bedauert man in dem Fall nichts, sondern gibt sogar noch den Menschen mit ihren Gefühlen die Schuld. Echte Einkehr kann aber Politikern auch den Weg zum Wiederaufstieg ebnen, wie vor vielen Jahren Cem Özdemir und aktuell (vielleicht) Philipp Amthor.

Ein bisschen schade ist, dass ausgerechnet das Beispiel, das uns zur Begleitung bei der Untersuchung einladen soll, eher schal wirkt: Da benennt Johannes Vogel (FDP) bei einer Fuck-up-night als Fehler, dass er sich bei den Koalitionsverhandlungen zu viele Themen aufgehalst hatte. Das ist in Wahrheit nicht das Eingeständnis eines Fehlers sondern Koketterie mit der eigenen Bedeutung. Ungefähr so überzeugend wie die Antwort auf die Frage nach Schwächen, dass man zu ungeduldig sei.

Dennoch: Das Buch ist kurzweilige Lektüre und allen zu empfehlen, die sich fragen, warum Politikerinnen und Politiker Fehler machen und dann so oft so dusselig damit umgehen.

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