Der Bundestag wird kleiner!

Heute war es endlich so weit: Das Bundesverfassungsgericht hat über das neue Wahlrecht entschieden. Damit geht ein sehr langer Prozess zu Ende – und am Ende ziemlich genau so, wie wir Grüne uns das vorgestellt hatten.

Worum geht’s?

Der Deutsche Bundestag ist immer größer geworden. Die im Gesetz vorgesehene Regelgröße lag seit der Deutschen Einheit bei 598 Abgeordneten. Das war aber immer ein absolut theoretischer Wert. Durch das Zusammenspiel von Erst- und Zweitstimme kam es immer wieder zu Überhangmandaten. Parteien haben also zum Teil in viel mehr Wahlkreisen ein Mandat gewonnen, als es der rechnerische Anteil an 598 hergibt. Damit es nicht zu Verzerrungen der Mehrheitsverhältnisse kommt, haben die anderen Parteien Ausgleichsmandate bekommen. Das führte zu einem immer größeren Bundestag, nach der letzten Wahl 736 Abgeordnete. Die strukturelle Ursache dafür ist, dass es nicht mehr zwei große Parteien gibt, sondern immer mehr kleine oder mittelgroße. Weil dieser Trend nicht weggeht, hätte der nächste Bundestag noch viel größer werden können.

Blockade durch die CSU

Über zehn Jahre hat der Bundestag darüber diskutiert, wie man dieses Wachstum begrenzen kann. Quasi alle Möglichkeiten, die man wählen kann, wurden dabei schon mal bewegt. Am Ende war es immer das gleiche Spiel: Auch wenn sich ein relativ breiter Konsens abzeichnete, hat sich die CSU quergelegt.

SPD, Grüne und FDP verkleinern den Bundestag

Es war daher klar: Die aktuelle Regierungsmehrheit von SPD, FDP & Grünen ist eine einmalige Gelegenheit, hier weiterzukommen. Unser Ziel war, dass wir die Änderung des Wahlrechts so rechtzeitig beschließen, dass auch noch genug Zeit für ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht bleibt. Es war klar: Eine stabile Regelung kriegen wir nur hin, wenn es eine umfassende Bewertung der Neuregelung durch das Gericht geben wird.

Bundesverfassungsgericht billigt unsere Reform

In der Sache hatten wir uns dafür entschieden, dem Modell der Zweitstimmendeckung zu folgen: Jede Partei bekommt von insgesamt nun 630 Mandaten nur so viele, wie ihr nach dem Anteil an den Zweitstimmen zusteht. Wenn die Partei in mehr Wahlkreisen an erster Stelle steht, als ihr nach Zweitstimmen zustehen, kommen nur noch die mit den parteiintern besten Ergebnissen auch ein Mandat zugeteilt. Das ist ein grundlegender Systemwechsel. Und jetzt kommt’s: Das Bundesverfassungsgericht hatte trotz aller wütenden Anwürfe an dieser Neuregelung überhaupt nichts auszusetzen!

Und was ist mit der Grundmandatsklausel?

Anders sah es aus bei einer Frage, die eigentlich eine Nebenfrage war: Die Beibehaltung der Grundmandatsklausel. Diese Regelung besagt, dass auch jene Parteien in den Bundestag einziehen, die zwar unter 5 % liegen, aber mindestens drei Wahlkreise gewinnen. Diese Regelung warf schon seit jeher Fragen auf, weil sie doch recht willkürlich erscheint: Warum soll die FDP mit 4,9 % draußen, die Linke mit 4,9 % aber dabei sein? Nur, weil sie in drei Wahlkreisen die relative Mehrheit bekommt? Mit unserem neuen Wahlrecht wurde der Widerspruch noch etwas stärker und deswegen mussten wir uns der Frage stellen, wie wir mit diesem wahlrechtlichen Erbstück umgehen. Ich habe immer dafür plädiert, sie drin zu lassen. Anlässlich der Systemänderung wollte ich nur die Verkleinerung des Bundestages erreichen, an den Chancen der Parteien sollte sich aber nichts ändern. So haben wir es auch in unseren ursprünglichen Entwurf geschrieben. Als dann allerdings ausgerechnet Expert*innen der CDU/CSU deutlich machten, dass sie an dieser Ungleichbehandlung das gesamte Wahlrecht angreifen würden, war das Anlass, diese Frage noch mal aufzumachen. Nun setzte sich die Auffassung durch, dass wir auf diese Klausel besser verzichten sollten. Als wir das machten, war das Geschrei groß, nicht nur von der Linken. Insbesondere die CSU sah sich in ihrer Existenz bedroht. Sie hatte bei der letzten Wahl zwar mehr als 5 % (auf den Bund gerechnet), hat aber offenbar akute Abstiegsängste.

Welches Recht gilt nun bei der nächsten Bundestagswahl?

Das Bundesverfassungsgericht hat beschlossen, dass die Grundmandatsklausel bei der nächsten Bundestagswahl angewandt werden soll, wenn der Bundestag vorher keine anderweitige korrigierende Regelung trifft. Es gilt dann also das neue Wahlrecht unter Anwendung der Grundmandatsklausel. Das Thema der Korrektur – für welches es mehrere Optionen gibt – werden wir uns in Ruhe anschauen. Als Alternative zur Grundmandatsklausel schlägt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung etwa vor, die Zweitstimmen von CDU und CSU bei der Sperrklausel bundesweit einfach zusammen zu zählen. Von Schnellschüssen vor der nächsten Bundestagswahl rate ich aber ab.

Fazit

Die Verkleinerung des Bundestages ist ein großer Erfolg. Dies haben wir gegen den erbitterten Widerstand insbesondere der CSU durchgesetzt. Rechtzeitig für die nächste Bundestagswahl haben wir Klarheit.

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